In der
letzten Vorlesung hat uns Herr Bucher kurz die Geschichte eines Bekannten von
ihm erzählt, der Opfer von Content-Diebstahl auf Facebook wurde. Dieser hat vor
kurzem ein Bild, das er selber erstellt hatte auf seinem Facebook-Profil
hochgeladen. Nach ein paar Tagen stiess der ursprüngliche Ersteller des Bildes
auf einer Anonymous-Fanpage auf seinen eigenen Content. Die Seite hat grosse
Reichweite und das Bild generierte viel mehr Klicks als das Original auf dem
Profil des eigentlichen Schöpfers. Dies ist bei weitem keine einzigartige
Geschichte, das Thema hat insbesondere im Kontext von Videos in den letzten
Wochen hohe Wellen im Netz geschlagen. Daher möchten wir das Thema an dieser
Stelle mal etwas genauer anschauen.
Das
Phänomen, dass es auf Facebook von Fake Fanpages, die gestohlene Inhalte hochladen
wimmelt, ist an sich nichts Neues. Ganze Seiten leben ausschliesslich davon,
fremde Inhalte zu publizieren und die Klicks und Reichweite zu sammeln. Das
Phänomen wird auch als „freebooting“ bezeichnet. Dass damit dem eigentlichen
Schöpfer oder rechtmässigen Besitzers des geistigen Eigentums Klicks und somit
am Ende Geld verloren geht, ist vielen wahrscheinlich gar nicht so bewusst. Vor kurzem hat der Youtube-Channel „In a Nutshell – Kurzgesagt“ am 10. November
ein Video publiziert, wo genau dieses Phänomen aus Sicht der Content Creators
erklärt wird. „In a Nutshell“ ist ein Kanal, der interessante Themen auf
einfache und verständliche Art erklärt und selber immer wieder Opfer von
Freebooting wird.
Anlass, das
Video zu veröffentlichen war, dass Facebook vor kurzem stolz verkündete, dass
mittlerweile 8 Milliarden Videos pro Tag auf Facebook angesehen werden.
Angeblich ist Facebook dabei, Youtube zu überholen. Bei genauerem Hinsehen
kommen allerdings ein paar unschöne Details ans Licht. Gemäss „In a Nutshell“
waren von den 1000 meistgesehenen Facebook-Videos des ersten Quartals 2015
ganze 725 gestohlen, wurden also ohne Einverständnis des Besitzers auf einer
fremden Seite gepostet. Allein diese Videos brachten es im ersten Quartal auf 17
Milliarden Klicks.
Sogenannte
Content-Aggregators, Seiten, die Videos und Inhalte aus verschiedenen Quellen
sammeln und auf ihrer eigenen Page neu hochladen, hatten auf Facebook schon
immer grossen Erfolg. Das haben natürlich mittlerweile auch diverse
aufmerksamkeitsbedürftige C-Promis festgestellt und machen sich diese Masche zu
Nutze. Die „Berühmtheiten“ können so ihre Reichweite massiv erweitern wenn
ihnen nicht nur bisherige Sympathisanten folgen, sondern zusätzlich noch
solche, die den von ihnen geposteten Content gut finden. Facebook unterstützt
diese Tendenz zusätzlich. Videos, die auf Facebook direkt hochgeladen werden werden von
den Algorithmen bevorzugt und häufiger gezeigt, als eingebettete Videos
von Youtube oder Vimeo. Dies ist natürlich durch die wirtschaftlichen Interessen
von Facebook zu begründen, je länger der Besucher auf der Seite bleibt, desto
mehr Geld kann mit ihm durch Werbung verdient werden.
Aber das
ist noch immer nicht alles. Facebook macht noch mehr, um die Werbeeinnahmen in
diesem Bereich zu optimieren. Ein Video wird bereits nach 3 Sekunden als gesehen
gezählt, selbst wenn es stummgeschaltet ist. Das Autoplay-Feature, das vor
einiger Zeit lanciert wurde verfolgt den Zweck, auf diese Weise Views zu
maximieren. Beim durchscrollen der Timeline starten immer wieder Videos und wenn
man kurz stehen bleibt hat man sofort ein Video „angeschaut“.
Facebook
duldet also das systematische Stehlen von Content nicht nur, sondern fördert es
aus eigenen finanziellen Interessen. Im Unterschied zu Youtube ist es bei
Facebook deutlich schwieriger, eigene Inhalte auf fremden Seiten zu finden, die
Suchfunktion ist dafür nur bedingt geeignet. So ist es meist eher zufällig,
wenn ein Urheber irgendwo auf sein gestohlenes Video stösst. Mit dem Finden allein ist das
Problem dann aber noch bei weitem nicht behoben. Will er seine Rechte
einfordern und die gestohlenen Inhalte löschen lassen, muss er ein mühsames,
intransparentes Verfahren durchlaufen. Facebook braucht normalerweise mehrere
Tage, um gemeldete Videos zu löschen. In dieser Zeit kann der Freebooter
weiterhin Klicks sammeln. Nach ein paar Tagen flachen die Zahlen tendenziell
sowieso ab. Bis das Video gelöscht wurde, ist es unter Umständen schon gar nicht
mehr aktuell oder relevant. Ausserdem werden die Urheberrechtsverletzungen in
keiner Weise geahndet, das Video wird gelöscht, ansonsten gibt es keine
Konsequenzen für den Dieb.
Weshalb ist
das Ganze so schlimm? Am Ende geht es ganz einfach ums Geld. Viele Youtuber und
andere Kreative im Internet können heute ihre Arbeit durch Werbeeinnahmen
finanzieren und davon leben. Klicks und Aufmerksamkeit im Internet sind ein
knappes Gut, um das ein Verteilkampf wütet, jeder Klick bringt Geld, jeder
Klick muss aber auch hart erkämpft werden. Das wichtigste Argument in diesem
Kampf ist der Inhalt. Guter Content verdient grosse Reichweite. Wegen
Freebootern fliessen die Einnahmen nicht mehr dahin, wo sie eigentlich hingehören.
Statt dass derjenige, der geistiges Eigentum geschaffen hat, dafür entlöhnt
wird, kassiert irgend ein Facebook Seitenbetreiber Geld, ohne wirklich etwas
geleistet zu haben. Er schmückt sich mit fremden Federn und wird für sein schönes Federkleid bezahlt.
Das
schlimmste an der ganzen Geschichte ist aber, dass Facebook all diese
Ungerechtigkeiten nicht nur toleriert, sondern selbst daran mitverdient. Auch
Youtube war einst voller gestohlener Videos, das Problem wurde aber wie Hank
Green in seinem Artikel über Freebooting beschreibt vor vielen Jahren entdeckt und
Youtube hat viel gemacht, um dagegen vorzugehen. Green ist selbst seit vielen Jahren ein sehr erfolgreicher Youtuber und hat diese Entwicklungen miterlebt. Ein System namens Content ID
analysiert automatisch jedes Video und kann einen sehr grossen Teil der
Urheberrechtsverletzungen direkt entdecken. Zudem werden Beschwerden von
Urhebern deutlich ernster genommen und schneller abgewickelt. Facebook wäre problemlos in der Lage, eine ähnliche Software zu entwickeln, allerdings verdient der Konzern lieber weiterhin auf dem Buckel des "kleinen Youtubers" kräftig mit.
Also passt auf, wo eure sorgfältig erarbeitete Inhalte landen!
Bis bald,
Manu & Beni
Also passt auf, wo eure sorgfältig erarbeitete Inhalte landen!
Bis bald,
Manu & Beni
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