Vor einigen
Tagen ging die Betaversion des neuen Schweizer Onlineshops siroop online. Das Joint
Venture von Coop und Swisscom soll den schweizerischen Onlinehandel aufmischen
und will insbesondere Amazon herausfordern. Das Angebot soll ähnlich umfassend werden wie dasjenige von Amazon. Diesen Giganten anzugreifen ist sicherlich ein
ambitioniertes Ziel, Swisscom und Coop sind jedoch auch keine Nobodys, es lohnt
sich also, das Projekt mal unter die Lupe zu nehmen.
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Screenshot https://siroop.ch/ |
Fangen wir bei
den allgemeinen Bedingungen an. Siroop bietet kostenlose Lieferung per
B-Post, A-Post ist gegen Bezahlung ebenfalls möglich. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, sich die gewünschten Artikel an eine Pick-up-Station zustellen
zu lassen. Diese gibt es bisher nur in der Region Bern, vorwiegend in Coop-Filialen
oder Filialen von Tochtergesellschaften von Coop. Wenn dieses Netzwerk
schweizweit etabliert wird kann es sicherlich von der grossen Verbreitung von
Coop-Filialen profitieren. Bezahlen kann man bei siroop entweder per Rechnung
oder Kreditkarte.
Schauen wir
die Strategie von siroop etwas genauer an. Wie bei Amazon bietet siroop
einerseits selber Artikel an, bietet aber auch anderen Händlern die
Möglichkeit, ihre Produkte über die Plattform zu vertreiben. Dies ist eine
grosse Chance für kleinere Händler, für die das Betreiben eines eigenen
Webshops zu teuer oder aufwändig wäre. Allerdings gibt es bei diesem Konzept
einige Probleme, die auch bei Amazon bekannt sind. Beispielsweise werden sich
die Händler den Lieferbedingungen von siroop fügen müssen. Insbesondere das
bedingungslose Rückgaberecht in den ersten 14 Tagen könnte für kleine Händler
zum Problem werden. Das Problem, dass Kunden massenhaft Artikel bestellen, die
sie eigentlich gar nicht wollen ist in der Branche bekannt. Selbst Riesen wie Amazon und Zalando kämpfen mit dem Problem. Bei Zalando werden angeblich bis zu
50% der Artikel retourniert, Amazon sperrt mittlerweile User, die
überdurchschnittlich viele Retouren generieren. Eine Retourenquote von 50%
generiert immense Kosten für die Händler, Artikel können beschädigt sein oder
verloren gehen. Der Versand wird ebenfalls nicht vom Kunden übernommen. Es ist
auch nicht davon auszugehen, dass siroop diese Kosten für die Händler trägt.
Ein weiteres Risiko dieser Zusammenarbeit sind Interessenskonflikte in der Preisgestaltung.
Was passiert, wenn ein unabhängiger Händler ein Produkt, das ebenfalls von
siroop angeboten wird zu einem niedrigeren Preis einstellt? Muss siroop
reagieren? Darf siroop reagieren? Amazon hat Algorithmen, die bei solchen
Preisdifferenzen das eigene Angebot automatisch anpassen. Für Händler ist dies natürlich eine Katastrophe und führt zu endlosen Negativspiralen bis der Kleine nicht mehr mitziehen kann.
Diesen Umstand könnte siroop nutzen, um für Händler attraktiver zu werden als Amazon. Amazon hat den Ruf, kompromisslos eigene Interessen über diejenigen der Marketplace-Händler zu stellen. Siroop hat aus unserer Sicht nur eine Chance, wenn es gelingt, eine grosse Anzahl Händler von der Plattform zu überzeugen. Dazu müssten sie den Händlern bessere Bedinungen bieten als Amazon, das heisst vielleicht in manchen Situation auch, den eigenen kurzfristigen Gewinn dem Anbieter-Marketing unterzuordnen. Ohne ein umfassendes, attraktives Angebot wird die Plattform mangels Kundennutzen untergehen.
Diesen Umstand könnte siroop nutzen, um für Händler attraktiver zu werden als Amazon. Amazon hat den Ruf, kompromisslos eigene Interessen über diejenigen der Marketplace-Händler zu stellen. Siroop hat aus unserer Sicht nur eine Chance, wenn es gelingt, eine grosse Anzahl Händler von der Plattform zu überzeugen. Dazu müssten sie den Händlern bessere Bedinungen bieten als Amazon, das heisst vielleicht in manchen Situation auch, den eigenen kurzfristigen Gewinn dem Anbieter-Marketing unterzuordnen. Ohne ein umfassendes, attraktives Angebot wird die Plattform mangels Kundennutzen untergehen.
Aber wie
attraktiv ist das Angebot von siroop bisher? Unsere Kommilitoninnen Céline und Shanay sind dieser Frage in ihrem Post nachgegangen und zum Schluss gekommen, dass siroop in diesem Bereich nicht mit
anderen Anbietern mithalten kann. Leser der gängigen Newsportale kommen zu
einem ähnlichen Schluss und schreiben die Plattform bereits komplett ab. Der
Preis ist durchaus ein zentraler, wenn nicht sogar der wichtigste Faktor im
Onlinehandel. Aber bevor man siroop schon als Flop verschreit sollte man sich
noch einmal in Erinnerung rufen, dass sich der Shop in der Betaphase befindet.
Es sind bisher fast nur eigene Angebote von siroop vorhanden, damit die Funktionalität der Plattform getestet werden kann. Wenn es gelingt,
zusätzliche Händler auf die Plattform zu bringen ist es durchaus denkbar, dass
konkurrenzfähige Preise angeboten werden. Der Kunde hätte so auf einer
Plattform verschiedene Angebote und kann das attraktivste auswählen.
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Der Kunde kann die unterschiedlichen Angebote vergleichen und das attraktivste auswählen. (Screenshot siroop via http://blog.carpathia.ch/2015/11/24/siroop-ch-jetzt-als-beta-gestartet/) |
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Einige Leserkommentare zu siroop (Screenshots 20min.ch und blick.ch) |
Der Tenor auf
den Newsportalen ist (wie bei den meisten Themen) kritisch bis gehässig, unsere
Kommilitonen sind sich auch grösstenteils einig, dass noch einiges an
Nachholbedarf besteht. So hat beispielsweise Martin die Suchfunktion getestet und festgestellt, dass ihm alles mögliche angeboten
wurde, nur leider nicht die farbigen Partylampen, wonach er eigentlich gesucht hat. Luca und Simone kritisieren den Aufbau der Seite als zu
umständlich. Auf genau solche Hinweise ist siroop zur Zeit angewiesen. Sinn und
Zweck einer Betaphase ist es, dass die Seite von echten Kunden getestet wird
und ihre Verbesserungsvorschläge umgesetzt werden. So wird man beim Navigieren
auch immer wieder dazu aufgerufen, Feedback zu geben. Unter siroop.ch/feedback
befindet sich zusätzlich eine Umfrage, wo die Kundenbedürfnisse genau untersucht
werden sollen. Hier geben sich die Betreiber grösste Mühe, Kenntnisse zu
gewinnen, um diese dann auch nutzen zu können.
Nach
eingehender Lektüre der Reaktionen kann man sagen, dass die meisten Schweizer
wohl noch nicht ganz verstanden haben, was eine Betaphase ist. Vor allem auf
den Newsportalen werden eigentlich nur Punkte kritisiert, die offensichtlich
auf die Betaphase zurückzuführen sind. Keine Angst, siroop hat auch schon
bemerkt, dass es wohl nicht reichen wird, nur in Bern Pick-up-Stationen
anzubieten. Dafür benötigen sie keine aggressiven Kommentare der
20minuten-Leserschaft. Ein komplexes Projekt wie die Lancierung eines
Online-Marktplatzes kann nicht von Anfang an perfekt durchgeplant werden. Die
Kundenfeedbacks sind Teil des Entwicklungsprozesses und nicht zwingend ein Anzeichen des
Scheiterns. Entscheidend wird sein, wie und in welcher Zeit Veränderungen
umgesetzt werden. Allzu lange darf es jedoch nicht dauern, die Kundschaft ist kritisch
und will beeindruckt werden. Leicht wird es für siroop sicherlich nicht. Um
Kunden, die sich gewohnt sind bei Amazon, Galaxus oder wo auch immer zu
bestellen von ihrem Onlineshop wegzulocken braucht es gute Argumente. Sind die
Preise nicht konkurrenzfähig ist es eigentlich schon praktisch unmöglich. Die
Lieferbedingungen können mit den gängigen Anbietern mithalten, mehr aber auch
nicht. Eine Differenzierung ist in diesem Bereich auch kaum mehr möglich, weil
praktisch alle mittlerweile Gratislieferung und –retouren anbieten. Man darf
gespannt sein, ob siroop die Jahresrechnung von Coop und Swisscom zu versüssen
vermag oder ob der Sirup in den Fluten des Amazonas untergeht. Mit dem Namen, der unvermeidlich
zu mehr oder weniger originellen Wortspielen einlädt ist ihnen zumindest schon mal ein grosser Wurf gelungen.
Weihnachtsshopping auf siroop wird vielleicht wegen des kleinen Angebots noch schwierig, aber wie erwähnt befindet sich der Shop noch in der Betaphase. Also vielleicht nächstes Jahr? Das Potenzial besteht jedenfalls, wir würden das Projekt noch nicht komplett abschreiben.
Viel Spass euch beim Ausprobieren und bis bald!
Manu & Beni
Weihnachtsshopping auf siroop wird vielleicht wegen des kleinen Angebots noch schwierig, aber wie erwähnt befindet sich der Shop noch in der Betaphase. Also vielleicht nächstes Jahr? Das Potenzial besteht jedenfalls, wir würden das Projekt noch nicht komplett abschreiben.
Viel Spass euch beim Ausprobieren und bis bald!
Manu & Beni
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